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Philips Wouwerman (Haarlem, 1619-1668)


      Selbstporträt (London, British Museum,
      Nr. 8.11.586)

     Philips Wouwerman war einer der vielfältigsten und
     produktivsten Maler der Nördlichen Niederlande im
     17. Jahrhundert - einem Jahrhundert, das
     ausgesprochen reich an herausragenden Künstlern
     war und daher auch das Goldene Zeitalter der
     Holländischen Malerei genannt wird.

     Eingebettet in das künstlerische Umfeld und in die
     Tradition seiner Heimatstadt Haarlem, war
     Wouwerman  zwar keiner der ganz bedeutenden
     Neugestalter der holländischen Malerei wie Frans
     Hals oder Rembrandt. Jedoch kann man ihn auch
     nicht als bloßen Epigonen bezeichnen.

Vielmehr leistete er einen eigenständigen und überaus einflussreichen Beitrag zum künstlerischen Formen- und Themenkanon seiner Zeit.
Nur wenigen Künstlern einer Epoche war es nämlich vergönnt, ein spezielles Genre künstlerisch so maßgeblich zu prägen, dass ihr charakteristischer Stil diesem auch nach dem eigenen Tod noch einen Namen gab: Ein Gemälde eines Wouwerman-Nachfolgers ist aufgrund des charakteristischen Wouwerman-Stils auch heute noch gut zu erkennen und zuzuordnen.

Philips Wouwerman war ein Modemaler seiner Zeit, der es äußerst geschickt verstand, den zeitgenössischen Sammlergeschmack zu treffen und zu befriedigen. Seine Gemälde reflektieren ziemlich exakt die ästhetischen Bedürfnisse und sozialen Lebensumstände seines gesellschaftlichen Umfelds. Viele stilistischen und ästhetischen Änderungen seiner Malerei im Laufe  seiner Karriere lassen sich so im Hinblick auf geänderte Seh-, Lebens- und Sammelgewohnheiten erklären.
Auch die Wahl seiner Sujets spiegelt diese Änderungen wider, wobei Wouwerman hier gleichzeitig als Eklektiker großen Stils erscheint: Neue Strömungen und Trends der Malerei seiner Zeit ließ er, vielfach in direkter Anlehnung an die bedeutendsten Vertreter dieser Trends, in seine Bildgestaltungen einfließen.

Dabei befriedigte Wouwerman nicht nur die Nachfrage der Käufer auf dem freien Kunstmarkt. Miit neuen und neu interpretierten Sujets reagierte er auch auf temporär nachlassendes Kaufinteresse, um gezielt ästhetische Bedürfnisse zu wecken und so erneute und zusätzliche Nachfrage nach seiner Kunst zu generieren. Dies war überlebensnotwendig, denn Wouwerman schuf die Mehrzahl seiner Gemälde für diesen freien Kunstmarkt, deren Mechanismen er gut kannte und  von Beginn seiner Karriere an zu seinem Vorteil nutzte. So überstand er trotz zeitweiliger Probleme die ökonomischen Krisen und den gesellschaftlichen Wandel seiner Zeit und starb als gut situierter Mann, der für seine zahlreiche Familie finanziell vorgesorgt hatte.

Seine Karriere begann Philips Wouwerman u.a. mit einfachen Szenen in der Tradition der bamboccianti, der italianisanten niederländischen Maler seiner Zeit. Im Laufe seiner knapp dreißigjährigen Schaffenszeit entwickelte er einen individuellen Stil mit einem ganz außerordentlich breiten thematischen Spektrum. In ihrer eleganten malerischen Raffinesse spiegeln seine Bilder vor allem nach 1650 das Lebensgefühl der wohlhabenden Schicht der holländischen Gesellschaft wider und antizipieren deutlich die kommende Epoche des Rokoko. Vor diesem Hintergrund ist es leicht nachvollziehbar, warum Sammler in ganz Europa im 18. und auch noch im 19. Jahrhundert Wouwerman als einen der bedeutendsten holländischen Maler des 17. Jahrhunderts schätzten.

Jedoch dieselben Faktoren, die Wouwerman so populär gemacht hatten, waren letztlich verantwortlich für den Niedergang seines Ruhms, als um die Mitte des 19. Jahrhunderts sich eine neue, realitätsbezogene Interpretation der holländischen Malerei des Goldenen Zeitalters durchsetzte.
Obwohl kunstbegeisterte Sammler bis heute Wouwermans Gemälde bewundern und sammeln, wird er von der kunstgeschichtlichen Forschung in seiner künstlerischen und historischen Bedeutung eher unterschätzt. Dem breiten Publikum ist er heute wenig bekannt.

Dabei sind seine Fertigkeiten in der Wiedergabe von Pferden aller Rassen und in allen Bewegungsabläufen bis heute legendär, und zu Recht wird er als einer der besten Pferdemaler überhaupt gerühmt. Darüber sollten seine Errungenschaften auf dem Gebiet der Landschafts- und Genremalerei jedoch nicht vergessen werden. Die Meisterwerke aus seiner besten Periode in den 1650er Jahren sind wunderschöne Kombinationen von südlichen Fantasielandschaften mit holländischem Flair und Staffage. Diese fein gemalten Werke sind mit ihrer delikaten, verhaltenen Farbigkeit und ihrem Detailreichtum, der oft mit darstellerischem Witz dargeboten wird, schimmernde Kostbarkeiten, die sich auf dem Kunstmarkt immer noch großer Nachfrage erfreuen.